Ein Männlein steht im Walde - Quality Magazine
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Ein Männlein steht im Walde

Die Natur allein ist antik, und die älteste Kunst ein Pilz“, sagte Thomas Carlyle, ein schottischer Essayist im 19. Jahrhundert. Auch im 21. Jahrhundert scheint der Pilz immer noch Faszination auszuüben. So ist auch der Designer Wolfgang Joop ein bekennender Pilzbewunderer: „Wir sind im Wald und auf einmal überrascht uns die Natur mit diesem Juwel. Diese seltsamen Erscheinungen, die nur für Momente da sind, werden dem Waldboden nachts wie Geheimnisse entlockt. Sie zu finden sind große Erlebnisse und die Pilze werden zu Trophäen.“ Diese schnell vergänglichen Pilzgeschöpfe in ein unvergängliches Material zu übersetzen, hat sich Wolfgang Joop zur Aufgabe gemacht.

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Wiener Silber Manufaktur – Crag Dillon

Zusammen mit der traditionsreichen „Wiener Silbermanufactur“ ist ihm dies mit dem edlen und seit Jahrtausenden bewährten Silber, was schon Goten, Römer und Griechen verwendeten, gelungen. Joop lieferte das elegante Design und die Silbermanufactur in Wien erweckte mit präziser Handwerkskunst und hochwertigem 940er Silber die Skizzen zum Leben. Dabei lässt sich das natürliche Pendant dieser fünf verschiedenen kleinen Pilzskulpturen durchaus im Wald wiederfinden. Ein Pilzkenner würde sofort den großen Pilz mit dem ovalen leicht nach innen gedrückten Hut als Morchel identifizieren und den kleinen kugelrunden als den begehrten Steinpilz. Natürlich darf auch der mystische Fliegenpilz nicht fehlen. So werden die Pilze, die man entweder auf ein erhöhtes Tablett mit Kleeblättern oder auch auf einem schlichteren lang gezogen Stück Palmenholz in Szene setzen kann, schnell zum Tischgespräch. Wolfgang Joop ist es wichtig, dass die Objekte, die er designt, auch Kommunikation sind: „Ich möchte, dass mein Design in jeder Sprache verstanden wird. Ein Esperanto ohne Übersetzer.“ Er nennt seine Pilze „Magic Mushrooms“ und ihm ist bewusst, welche Assoziationen das erwecken kann. In den 70ern und 80ern en masse am Strand von Koh Samui erhältlich. Aber es gibt viele weitere Bereiche, die mit dem Pilz in Verbindung gebracht werden können. Der Pilz ist das Organ des Waldes, daher auch ein sehr phallisches Motiv. Zugleich ist er auch eine Trophäe und wird zur Delikatesse oder schnell zum Gift und zur Droge. In vielen ,, Ein Männlein steht im Walde … „Magic Mushrooms“ nennt Joop seine Pilze und ihm ist bewusst, welche Assoziationen das erwecken kann.

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Joop lieferte das elegante Design und die Silbermanufactur in Wien erweckte mit präziser Handwerkskunst und hochwertigem 940er Silber die Skizzen zum Leben. Bild: Peter Rigaud

Märchen und Sagen wird er erwähnt und dabei vielfach mit Hexen in Verbindung gebracht. Für Joop ist es vor allem ein Trost spendendes Objekt. Sicherlich auch, weil er so viele positive Erinnerungen mit dem Pilzsammeln verbindet. Die silbernen Schwammerl, so wie man in Wien sagen würde, haben jedoch nicht nur einen ideellen Wert, sondern sie erfüllen eine Funktion. Das manchmal so distanzierte kühle Silber wird durch die schmeichelnde Pilzform zu einem Objekt, dass man in die Hand nehmen, berühren und anfassen möchte. Dabei stellt man fest, dass es sich öffnen lässt. Wenn die Kappe abgeschraubt wird, geben die Pilze ihr Geheimnis preis, je nachdem mit was sie gefüllt sind. Während des Speisens bieten sich dafür natürlich diverse Gewürze an. „Wenn man etwas nicht gebrauchen kann“, so Joop, „dann wird es schnell zum Nippes oder Kitsch.“ Bei seinem Design hat er auf Balance und Ausgewogenheit geachtet. Nicht zu üppig, nicht zu bescheiden, die Grenze von Pefektion und Opulenz wird angestebt, wie er sagen würde. Die Pilzskulpturen sind Design, keine Kunst.

Die Präsentation fand im prachtvollen Rahmen des Kunsthistorischen Museums Wien mit zahlreichen Gästen und Freunden statt.

Die Präsentation fand im prachtvollen Rahmen des Kunsthistorischen Museums Wien mit zahlreichen Gästen und Freunden statt.

Nach Joops Philosophie verlangt die Kunst Distanz, will Grenzen überschreiten, Exzess, Skandal und nur die kühne Idee steht im Vordergrund. Während das Design diese Distanz nimmt, das Lebensgefühl bereichern soll und wie auch in diesem Fall das Handwerk und der Fleiß ein wichtiger Bestandteil der Perfektion ist. Was ist es, das Wolfgang Joop kreativ motiviert? „Es ist das Bedürfnis des Einzelkindes nicht allein zu sein. Ich schaffe mir Freude, Trost und die Medizin gegen den Kopfschmerz, indem ich mir einen anderen Gedanken anstelle des alten setze. Wir Künstler sind alle Melancholiker. Die Melancholie ist der Begleiter des Künstlers. Diese bringt den Künstler dazu, kreativ zu sein, und der Zweifel, der dich permanent begleitet, ob das Unfug und überflüssig ist, was du machst.“ Die silbernen Pilzgeschöpfe sind sicherlich ein guter Gedankenersetzer und trotzen selbstbewusst dem Überfluss und Kitsch. „Einer tröstet, aber der eine macht süchtig nach mehr“, warnt uns Wolfgang Joop schon mal vor.

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