30 Aug Das Ergebnis zählt
„Die Mathematik ist das Alphabet, mit dem Gott die Welt geschrieben hat.“ meinte Galileo Galilei. Sie ist auch die Basis der modernen Wissenschaft, und auch wenn sie selbst keine Naturwissenschaft ist, so ist sie für die Forschung unerlässlich. So manchen Schüler hat sie in tiefe Selbstzweifel gestürzt, doch der technologische Fortschritt der Moderne wäre ohne sie nicht denkbar. Da ist es geradezu an der Zeit, dass der Mathematik in dem für 60 Millionen Pounds renovierten Londoner Science Museum ein großer Ausstellungsraum gewidmet wird.
Die Winton Gallery (Mathematische Galerie) wurde von der Pritzker-Preisträgerin Zaha Hadid entworfen und ist das erste Projekt, das ihr Architekturbüro seit ihrem unerwarteten Tod im letzten Jahr vollendet hat. Die Wahl fiel nicht zufällig auf diese weibliche Architekturikone, denn Hadid studierte in Beirut Mathematik, bevor sie in London ihre Architekturlaufbahn begann. Auch die Formensprache, die sich durch geometrische Formen und Linienführung auszeichnet, zeigt eine starke Verbindung Hadids zur Mathematik.
Es ist schwierig, Mathematik bildhaft darzustellen, ohne sich dabei in ihrer Komplexität zu verlieren oder banal zu wirken. Hadid hat es jedoch geschafft, den Raum im Sinne der Wissenschaft zum Schwingen zu bringen. So stellt sie den Luftstrom des Handley Page Flugzeugs—das zentral in der Galerie hängt—in ihrer Architektur bildlich dar. Eindrucksvoll und doch subtil zeigt sie über den aerodynamischen Fluss, warum die Mathematik als Fundament der Naturwissenschaften und zugleich als Grundlage der zeitgenössischen Architektur zu betrachten ist. Die Computermodelle der Entwürfe von Zaha Hadid könnten ohne mathematische Berechnung nicht zur Realität werden.
Die Winton Gallery präsentiert jedoch mehr als Hadids Architektur. In ihr befinden sich über 100 Ausstellungsstücke, die sich über einen Zeitraum von 400 Jahren erstrecken. Sie setzen die abstrakte Mathematik mit unserer Welt in Verbindung. Von Sektionen wie Form und Schönheit—in der sich ein Corbusier Stuhl von 1920 befindet, bis Reise und Handel—mit einem Nachbau des damals größten Öltankers (Tokyo Globtik, 1972) zeigen die Exponate den weitreichenden Einfluss der Mathematik.
Auch wenn die mathematischen Gesetze international gelten, so sind die Methoden des Rechnens noch lange nicht gleich. Dies zeigt unter anderem die indische Kultur. Selbst beim Multiplizieren mit hohen Zahlen haben die Inder ein schnelleres System entwickelt. Während die Europäer jede einzelne Zahl miteinander multiplizieren und diese schlussendlich addieren arbeiten indische Schüler mit der nächstgelegenen Zehnerbasis (10, 100, 1000 …). Bei der nächsten Basis wird die jeweilige Differenz der zu multiplizierenden Zahlen berechnet. Die Abweichung und die Zahlen werden dann zusammengefügt. Auch das chinesische Multiplizieren unterscheidet sich von dem uns vertrauten. Statt zu rechnen, wird dort mit einzelnen Linien gearbeitet, die für die Zahlen stehen. Die Überquerungen der Linien werden dann zusammengezählt.
Doch egal wie man rechnet, letztlich zählt in der Mathematik das korrekte Ergebnis. Die Winton Gallery zeigt eindrucksvoll, wie fundamental die mathematische Wissenschaft ist sowie die vielen Bereiche des modernen Lebens, die von ihr beeinflusst sind. Und sei es nur beim schnellen Aufaddieren im Supermarkt, egal, ob in Bombay, Berlin oder Beijing.
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