Imperfekte Schönheiten - Quality Magazine
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Imperfekte Schönheiten

Mit Feinsinn und Beharrlichkeit hat der Drechsler Ernst Gamperl den Weg in den Designwelt gefunden. Seine aus Holz gefertigten Schalen und Vasen sind längst Kult und werden in renommierten Museen und Sammlungen rund um den Globus ausgestellt. Der Grund: Sie bringen die Sinnlichkeit und Taktilität des Naturmaterials raffiniert zur Geltung. 
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Zufälle spielen im Leben eine entscheidende Rolle. Auch Ernst Gamperl kann davon ein Lied singen. Wäre er tatsächlich Schreiner geworden, wie er es ursprünglich vorhatte, würden Sie diesen Artikel nicht lesen. Doch der junge Münchner fand während seiner Lehrjahre zum Drechseln. Auch dies ist zugegebenermaßen keine Disziplin, die nach weltweiter Anerkennung klingt. Doch die Umstände liegen in diesem Falle ein wenig etwas anders. Gamperl hat in der Handwerkstechnik eine Nische gefunden, die ihn geradewegs in den Olymp der Gestaltung katapultiert hat.  
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Was der 51-Jährige an seiner Drehscheibe kreiert, hat mit Rustikalität und holzfällerischer Schwere nichts zu tun. Im Gegenteil: Er verwandelt Baumstämme in skulpturale Schalen, Vasen und Gefäße, die die Sinnlichkeit und Taktilität ihres Materials auf raffinierte Weise ausspielen. Es sind Objekte, die mit den Augen und Fingern gleichermaßen erkundet werden wollen und sich treffsicher von der Kälte und Austauschbarkeit des industriellen Objekts distanzieren. Nicht ohne Grund haben seine Arbeiten den Weg in die Sammlungen berühmter Museen und Mäzene gefunden und werden zu fünfstelligen Beträgen in Londoner, Pariser, New Yorker und Tokioer Designgalerien verkauft. 
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Es ist das Geheimnis von Ernst Gamperl, dem Werkstoff Holz mit einer tradierten Technik immer wieder neue Facetten scheinbar spielerisch abzugewinnen, die stets selbstverständlich im Heute stehen und mit denen wir uns mit Freuden eine Zukunft vorstellen“, sagt Florian Hufnagl, der als Direktor der Neuen Sammlung in München die Werke Gamperls früh in seinem Haus präsentiert hatte. Dass sich dieser dem Thema als Autodidakt annäherte, ist entscheidend. Denn nur so konnte er ohne den Ballast der Jahrhunderte alten Tradition ans Werk gehen und die Feinheiten und Besonderheiten des Materials auf eigene Weise herausarbeiten. Manche seiner Skulpturen sind so filigran, dass sogar das Licht durch sie hindurch scheint.
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Den Sprung auf die internationale Bühne hat Gamperl einer folgenreichen Begegnung zu verdanken. Im Jahr 2000 traf er Issey Miyake, der seine Schalen zuvor in einer Pariser Galerie gesehen hatte. Der Modemacher lud ihn daraufhin nach Tokio ein, um in seinem dortigen Studio auszustellen. Und die Japaner liebten seine Arbeiten auf Anhieb. Schließlich sucht Gamperl nicht nach Perfektion, wie es im abendländischen Handwerk üblich ist, sondern stellt vielmehr die Schönheit der Imperfektion heraus – einem Schlüsselthema der Zen-Kultur. Indem die Unebenheiten des Materials und die Gebrauchsspuren sichtbar werden, entsteht eine emotionale Beziehung zwischen Objekt und Betrachter – und damit der Schlüssel zum weltweiten Erfolg von Gamperls gedrehten Kostbarkeiten. 
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